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Weiblicher Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Ausstellungen

Heute, am 26.05.2023, haben wir mit Kolleginnen von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin und Professorin Mechthild Gilzmer in einem Online-Seminar über die Darstellung des weiblichen Widerstands in Ausstellungen, insbesondere in deutschen Gedenkstätten, gesprochen. Stattgefunden hat das Online-Seminar im Rahmen unseres von der EU geförderten Projekts über deutsche und französische Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Das Seminar bestand aus diesen beiden Themenblöcken: Eine virtuelle Führung durch die Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin sowie die Präsentation der Sonderausstellung Widerstand – Verfolgung – Deportation: Frauen aus Frankreich im KZ Ravensbrück, 1942-1945 in der Gedenkstätte Ravensbrück.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand und die Frage nach der Definition des Begriffs Widerstand

Zunächst haben Jessica Posel und Anne Schindler von der Gedenkstätte deutscher Widerstand den Teilnehmer:innen den historischen Ort vorgestellt, an dem das Attentat auf Hitler am 21. Juli 1944 vorbereitet wurde, und durch die aktuelle Ausstellung der Gedenkstätte geführt, die an das Attentat und seine Anführer erinnert. Dabei wurde auch auch die Frage nach der Definition des Begriffs Widerstand thematisiert.

Im Anschluss daran haben Jessica Posel und Anne Schindler in einem interaktiven Austausch mit den Teilnehmer:innen, die sowohl aus Deutschland als auch aus Frankreich kamen, folgende Aspekte und Fragen beleuchtet und diskutiert:

  • Die Reaktionen des NS-Regimes auf den deutschen Widerstand
  • Wie lässt sich der deutsche Widerstand nach Alter, sozialer und geografischer Herkunft der Protagonist:innen bewerten?
  • Porträts von Widerstandskämpferinnen, darunter Ruth Andreas Friedrich und Sophie Scholl
  • Beispiele von Widerstandsgruppen, darunter die Edelweißpiraten
  • Wie wurde und wird der Widerstand in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wahrgenommen und gelehrt?

Von besonderer Relevanz war für uns auch, das die Schüler:innen des Lycée Lamarck, die an unserem deutsch-französischen EU-Projekt beteiligt sind, in dem Seminar den Raum hatten sich zu fragen: Warum haben Menschen jeden Alters und jeder Lebenslage den Weg des Widerstands beschritten?

Frauen aus Frankreich im Konzentrationslager Ravensbrück und die Geschlechterfrage im Widerstand

Im zweiten Themenblock stellte Professorin Mechthild Gilzmer zunächst die Konzeption und den Inhalt der Ausstellung „Frauen aus Frankreich im Konzentrationslager Ravensbrück, 1942-1945“ vor. Dabei tauchte sie mit den Teilnehmer:innen in die materiellen, historiografischen und szenografischen Anforderungen ein, die bei der Realisierung einer Ausstellung zu beachten sind.

Aus den zahlreichen Überlegungen und Erwägungen ergaben sich folgende Aspekte, die uns maßgeblich erscheinen:

  • Die Bedeutung einer Webseite zur Ausstellung, da sie ein zusätzliches Instrument ist, das die Vertiefung des Themas ermöglicht.
  • Die Betonung der Vielfalt der Deportierten: Da sich die Erinnerung hauptsächlich auf bestimmte Frauen bezieht, die als Heldinnen angesehen werden, besteht die historiografische Entscheidung darin, sich von diesen zu lösen und alle Frauen zu erwähnen. Von den 7000 Deportierten wurde ein Viertel nicht aufgrund des Widerstands deportiert. Diese Vielfalt ist auch eine Vielfalt der nationalen Herkunft: Die 30 Frauen, die zur Darstellung in der Ausstellung ausgewählt wurden, sind nicht alle Französinnen. Es geht damit auch darum zu zeigen, dass Frankreich ein Land des Asyls war.
  • Der Ansatz, die Geschichte jeder dieser Frauen in einen langfristigen Kontext einzubetten, der sich nicht auf die Kriegsjahre beschränkt.
  • Die Einhaltung der materiellen Bedingungen: Die Ausstellung wurde 2023 in einer ehemaligen Fabrik im Lager Ravensbrück eröffnet. Es handelt sich damit um einen Ort, der die Gestaltung des Parcours vorgibt, insbesondere durch „Themeninseln“ oder auch die Frage nach „interaktiven Stationen“, wie z.B. einem Tisch mit Stempeln zur Herstellung von gefälschten Papieren oder einer Karte, um die Entfernungen zu veranschaulichen, die diese Frauen zwischen dem Zeitpunkt ihrer Verhaftung und ihrer Ankunft im Lager zurücklegten.

Hinsichtlich der Geschlechterfrage im Widerstand standen zum einen der rechtliche, gesetzgeberische, soziale und gesellschaftliche Status von Frauen unter dem Vichy-Regime im Fokus; zum anderen die Frage nach der spezifischen Art der Widerstandshandlungen von Frauen und ihre mögliche Besonderheit .

Bei der abschließenden Diskussion haben die eingeladenen Wissenschaftlerinnen und die Teilnehmer:innen sich nicht nur über die Ausstellungsgestaltung, die Herkunft und die Art der ausgewählten Objekte ausgetauscht. Sondern auch die Frage diskutiert: Welche Rolle haben die Familien von Widerstandskämpferinnen bei der Weitergabe der Erinnerung?